Zuletzt aktualisiert: Juli 2024
Wir sind seit nunmehr über 5 Jahren dauerhaft auf Reisen – Lange Zeit davon war mein Sohn Freilerner. In diesem Beitrag kläre ich einmal die wichtigsten Fragen rund um’s Freilernen insbesondere zum Freilernen auf Reisen. Ich beantworte die häufigsten Fragen, erzähle von unseren Erfahrungen und gebe Tipps für Materialen, die das freie Lernen unterstützen können.
Was ist Freilernen?
Unter Freilernen, versteht man das selbstständige und selbstorganisierte Lernen. Das Lernen findet ohne Schule statt – Im englischen nennt man es daher „unschooling“.
Begriffsabgrenzung: Freilernen und Homeschooling sind zwei unterschiedliche Konzepte. Beim Betrachten der englischen Begriffe wird der Unterschied deutlicher: Unschooling vs. Homeschooling. Beim Homeschooling sind schulische Inhalte nach Hause verlagert. D.h. Themen und Lehrpläne sind vorgegeben. Die Art und Weise und Materialien mit denen man lernt, sind allerdings frei wählbar. Beim Unschooling, also Freilernen, entfällt die Schule im Hintergrund und damit auch die Themenvorgaben.
Das Konzept des Freilernens basiert darauf, dass jedes Kind den Drang hat zu lernen. Kinder wollen lesen können, Kinder wollen rechnen können und sie möchten die Welt verstehen.
Freilernen – ein Einblick in unsere persönliche Situation
Vorab ist mir wichtig zu erwähnen, dass ich hier unsere Situation beschreibe und ein paar Tipps aus meiner Sicht gebe. Ganz wichtig ist aber, nicht zu vergessen, dass jedes Kind anders und einzigartig ist. D.h. das, was für meinen Sohn super klappt, kann evtl. für andere überhaupt nicht funktionieren.
Unsere Ausgangssituation
Mein Sohn ging ca. 1,5 Jahre in eine „ganz normale“ Schule in Deutschland. Er hat dort schreiben, lesen und auch Rechengrundlagen gelernt. Ich erwähne das, weil es aus meiner Sicht eine riesige Erleichterung ist, wenn ein Kind erst einmal lesen kann. Sobald das nämlich der Fall ist, hat es Zugriff auf einen riesigen Wissenspool.
Der Start ins Freilernen
Wenn man das deutsche Schulsystem verlässt, kann es sein, dass man zunächst etwas ratlos da steht. Schließlich kennen die allermeisten Menschen selbst nur ein Lernkonzept mit Schule – so sind die meisten von uns nun einmal aufgewachsen. Ein Leben ohne Schule scheint da erst einmal völlig fremd.
Fragen wie „Und was soll mein Kind nun lernen?“, „Woran orientiere ich mich?“, „Brauchen wir Materialien?“ tauchen dann im Kopf auf. So ähnlich ging es mir natürlich auch. Gerade zu Beginn habe ich einfach mal einen Blick in den Lehrplan geworfen, um eine Idee zu bekommen, was da alles so drin steht. Lehrpläne findet man mittlerweile online. Sie können dir helfen einen Überblick zu erhalten. Als ich mir zum Beispiel den Grundschul-Lehrplan unseres Bundeslandes angeschaut habe, habe ich festgestellt, dass der erstmal riesig lang aussieht, aber das dort auch jede Menge Dinge drin stehen, die man quasi nebenbei lernt.
Freilernen – und was ist mit Schulpflicht?
Immer wieder erhalte ich diese Frage und es gibt in unserem Fall eine ganz einfache Antwort: Wir leben nicht mehr in Deutschland und sind auch nicht mehr dort gemeldet – dementsprechend entfällt natürlich auch die deutsche Schulpflicht.
Freilernen und Schulabschluss – geht das?
Das scheint stets die größte Sorge zu sein, wenn Leute vom Freilernen hören. Ja, auch als Freilerner kann man einen Schulabschluss machen. Man meldet sich dafür als Externer für die Abschlussprüfung an – das geht für alle Schulformen vom Hauptschulabschluss bis zum Abitur. Man bereitet sich dann selbstständig auf die Prüfung vor und nimmt an dieser dann als Externer (also „Schulfremder“) teil und kann so den jeweiligen Abschluss erhalten.
Wie funktioniert Freilernen?
Oben habe ich geschrieben, dass ich gern mal einen Blick in die entsprechenden Lehrpläne werfe. Das heißt aber NICHT, dass mein Sohn strikt nach dem deutschen Lehrplan lernt, denn das wäre kein Freilernen. Der Blick in den Lehrplan dient mir einfach nur als grobe Orientierung. Freilernen basiert darauf, Wissen zu den Themen, die einen gerade interessieren, zu vertiefen. Aus meiner Sicht ist es aber auch wichtig verschiedene Themengebiete anzubieten, denn wenn ein Kind von einem Thema nichts weiß, kann es sich auch nicht dafür interessieren. Einfaches Beispiel: Wenn ein Kind nicht weiß, dass es Bakterien gibt, kann es sich nicht für deren Aufbau, Lebensweise usw. interessieren.
Viele Themen ergeben sich durch das LEBEN. Ein Beispiel: Kinder sehen Ameisen und wollen mehr darüber wissen. So lernen sie erst etwas über Ameisen und dann vermutlich auch etwas über Insekten im Allgemeinen. Im Weiteren werden sie wissen wollen welche Tierklassen es sonst noch gibt. So werden sie Gemeinsamkeiten und Unterschiede finden usw. Bei Kindern ist der Wissensdurst und die natürliche Neugier riesig. Man muss diese nur entsprechend nutzen.
Das Reisen macht das Lernen noch einmal einfacher. Wir sind zum Beispiel auf den Vesuv gestiegen, durch Rom mit seinen vielen antiken Stätten geschlendert, sind über den Kanal von Korinth spaziert, waren in Delphi und erfahren unterschiedliche Klimazonen und die Zeitverschiebung am eigenen Leib, anstatt nur davon in Büchern zu lesen.
Tipps für Materialien für’s Freilernen
Hier kommt jetzt ein kleiner Überblick von Apps, Übungsheften, Büchern und ähnlichem, die mein Sohn nutzt oder genutzt hat.
Schulmaterialien zum Freilernen
Was? SCHULmaterialien und Freilernen – passt das überhaupt zusammen? Na klaro! Es gibt jede Menge tolle Bücher und Übungshefte, die beim Lernen unterstützen. Probiert hier gern verschiedene Anbieter durch und findet das für euch passende.
Unsere liebsten Arbeitshefte, um das Freilernen unterwegs zu unterstützen:
Arbeitshefte nutzen wir hauptsächlich für Deutsch und Mathe, weil es nun einmal einfacher ist ein Heft mit Übungen zu haben als sich alle Aufgaben selbst auszudenken.
- Alle Arbeitshefte von „Verrückt nach Mathe„ – das ist sogar was für Mathemuffel, weil alles in eine schöne Story verpackt ist.
- Übungshefte in Mathe und Deutsch vom hauschka Verlag – Alles sehr übersichtlich mit guten Erklärungen – perfekt zum Selbstlernen. Davon hatten wir z.B. folgende Hefte:
- Einmaleins 2./3. Klasse
- Mathe trainieren 3. Klasse
- Fit zum Übertritt 4. Klasse (dieses Heft fand ich besonders toll, weil man noch einmal einen Überblick über die gesamte Grundschulzeit bekommt und feststellt: so viel ist es gar nicht. Auch für meinen Sohn ein tolles Erfolgserlebnis)
- Rechtschreiben und Diktate 2. Klasse
- Rechtschreiben und Diktate 3. Klasse
- Meine Schreibwerkstatt – fördert die Lust am Geschichten schreiben
Bücher für Freilerner
- Wieso? Weshalb? Warum? ProfiWissen Bücher
In den Profiwissen Büchern steckt jede Menge Fachwissen, das ausführlich, aber trotzdem kindgerecht erklärt ist. (Das Alter ist von 8-12 angegeben)
Wir haben z.B. ProfiWissen Weltraum , ProfiWissen Vulkane und ProfiWissen Altes Rom
- „Insekten und Spinnen auf der Spur“ von National Geographic Kids (leider finde ich es nicht online)
- Big Fat Notebook PHYSIK, CHEMIE und BIO – geballtes, „cool aufbereitetes“ Wissen von der 5. bis zur 9. Klasse. Gibt einen super Überblick über viele spannende Themen.
Apps zum Lernen und Wissensdurst stillen
- ANTON – Übungen für Mathe, Deutsch, Sachunterricht, Bio, Englisch & Musik, Klasse 1 bis 10 -kostenlos
- Duo Lingo – prima, um einen Einstieg in eine neue Sprache zu bekommen (sehr wertvoll beim Reisen) oder Englisch zu trainieren. – kostenlos
- Sofatutor – Lernmaterialien mit tollen Videos (liebt mein Sohn) und Übungsaufgaben von Klasse 1 bis 13
Aktion Sofatutor: Teste Sofatutor 30 Tage kostenlos und erhalte 60% Rabatt auf alle Pläne, wenn du danach dabei bleiben möchtest. >> Angebot sichern!
Sonstige Materialien – Lernen mit Spaß
- Wissenkarten vom Moses Verlag zu unterschiedlichen Themengebieten. Mein Sohn hat „50 Sternbilder und Planeten“ und „50 Insekten und Spinnen„
- Zaubertafel 1×1 – war zu Beginn des 1×1-Lernens ganz nützlich.
- Planetentasse – Mein Sohn hat eine Tasse ähnlich wie diese hier, auf der die Planeten in richtiger Reihenfolge und Größenverhältnissen sind – so einfach kann lernen sein..
- diverse YouTube-Kanäle: für Matheerklärungen „Lehrer Schmidt“. Formate wie „Checker Tobi“ vermitteln jede Menge Wissen, ohne dass es sich nach lernen anfühlt.
Also:
Ergänzung Ende 2022: Seit diesem Schuljahr geht mein Sohn auf eine deutschsprachige Online-Schule (Wilhelm von Humboldt Online Privatschule). Eingestiegen ist er in Klasse 5 (Gymnasium) und ich kann sagen, dass er seinen KlassenkameradInnen, die dauerhaft eine Schule besuchten in nichts nachsteht. Der Start an der Schule verlief problemlos und auch hier achte ich (und zum Glück auch die Lehrer) darauf, dass die Freude am Lernen im Vordergrund steht.
Leider entfällt bei dieser Form des Lernens der wichtige Komplex des „Sozialen Lernens“, ein nicht unerheblicher Teil, der es dem Kind ermöglicht, sich in vorhandene soziale Gruppen einzufinden und sich in ihnen zu verhalten. Das ist ein wesentlicher Aspekt von der Lernform „Schule“. Aber das weißt du sicher auch. Übrigens ein Manko, dass alle Kinder, die mit Eltern ständig auf Reise sind, erleben . Ich habe das auch bei Familien beobachtet, die mit ihren Kindern mit dem Segelboot unterwegs waren. Übrigens waren die Defizite bei den Kindern wesentlich geringer, die mit Geschwistern unterwegs waren.
Danke wir sind gerade die 5. Woche unterwegs davon waren 3 Wochen Ferien, leider klappt es bei uns nicht so gut, mit dem Material das mir die Schule über eine andere Mutter zur Verfügung stellen wollte. Da fehlt einiges, leider. Aber da ich mich nicht auf die Schule verlassen habe, habe ich im Vorfeld bereits im Lernbücher gekauft. Englisch 3. Klasse sowie Mathe und Deutsch 3. Klasse und Schule der Magischen Tiere endlich Pause Teil 2. Zudem nutzen wir Anton, Schlaukopf und Duolingo.
Zum vorherigen Kommentar zum Thema „Soziales Lernen“ das ist ein wichtiges Thema allerdings sehe ich das etwas anders, denn 1. sind wir Eltern ein verantwortlich für das erlernen von einem sozialen Leben. Wir sollten Emotionen bei Kindern genauso zu lassen wie bei uns und sollten gewisse Konsequenzen bei dem und dem Verhalten erklären. Ausserdem sind Kinder mit Reisenden Elteen nicht nur alleine mit den Eltern. Auf Spielplätzen etc. treffen sie auf andere Kinder. Manchmal gibt es sprachliche Barrieren, aber ich habe gerade in Frankreich erlebt wie sich Kinder mit unterschiedlichen Sprachen dennoch köstlich amüsieren und irgendwie doch verständigen. Und da gibt es dann auch das Thema soziales Lernen. Viele Grüße Anke
Hallo Anke,
ja, ich weiß auch nicht, wo das Vorurteil herkommt, dass Reisende Kinder immer allein sind. Mein Sohn lernt unglaublich viele andere Menschen (Kinder, aber auch Erwachsene kennen) und hat natürlich auch Freunde.
Viel Freude noch auf eurer Reise!
LG Anja
Wir sind seit 1,5 Jahren unterwegs und meine Tochter ist nun 6. geografisch ist sie natürlich viel weiter als andere Kinder in ihrem Alter, auch was Religion und soziale Aspekte angeht lernt sie sehr viel. Sie lernt durchs leben und nicht im Frontalunterricht. Sie kommt früh mit Fremdsprachen in Berührung, mit anderen Traditionen, Vegetationen und ist in der direkten Verbindung zur Natur. Wenn wir unterwegs sind weiß sie welche Pflanzen und Früchte sie essen kann.
Außerhalb des Systems entscheiden wir und sie welches Wissen wichtig ist, gerade in der Grundschulzeit.
Wenn wir Kontakte zu anderen haben dann sind das sehr intime Zeiten, wo man fast rund um die Uhr gemeinsam ist, isst, lernt, spielt. Eine Wertung welches lernen nun „besser“ ist finde ich unnötig